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Schicken KIs schon bald PR-Berater:innen in die Frührente? Wenn man die rasante Entwicklungsgeschwindigkeit von KI-Supertools wie ChatGPT verfolgt, scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein. Doch es gibt viele Gründe, warum KI die Branche künftig zwar verändern wird, es aber außer Frage steht, dass die Beratung zu passgenauen Kommunikationslösungen in menschlicher Hand verleibt.

Künstliche Intelligenz (KI) gilt schon seit langem als Wundermittel, um den Menschen ein für alle Mal von schnöden Routineaufgaben zu befreien. Und die Entwicklungen der letzten Jahre rücken dies in greifbare Nähe, wie der kometenhafte Aufstieg von KI-Tools zeigt. Gerade im Bereich Kommunikation breitet sich der Einsatz von KI gestützten Anwendungen rasant aus. Kein Wunder – gerade international vernetzte PR-Agenturen helfen schnelle und akkurate Übersetzungen, Transkriptionstools oder Tools zur Content-Erstellung sehr. Das Kölner Übersetzungswerkzeug DeepL etwa überzeugte in kurzer Zeit dermaßen viele Anwender und Investoren, dass die gerade 2017 gegründete Elternfirma mittlerweile mit über eine Milliarde Euro bewertet wird. Auch KI-basierte Transkriptionsdienstleistungen wie sonix.ai oder der Bildgenerator Dall-E entwickeln sich schnell und werden immer besser.

Das Potenzial von KI ist mit Routineaufgaben jedoch längst nicht erschöpft. Viele hoffen (oder befürchten), dass KIs bald nicht mehr nur unterstützen, sondern intelligent genug sein werden, um kreative und strategische Aufgaben zu übernehmen. Insbesondere ChatGPT – der derzeitige Stern am KI-Himmel aus dem Hause OpenAI – befeuert die Ideen und Vorstellung von der Zukunft der KI. Denn die Qualität und Lernfähigkeit übertrifft alle bisher verfügbaren Tools und wir beginnen sein Potenzial gerade erst zu verstehen. Funktioniert die Unternehmenskommunikation künftig also ohne Berater:innen?

ChatGPT – das Schweizer KI-Messer?

Dazu kann ich ganz klar sagen: Nein – und das, obwohl das Tool – gerade erst in der dritten Version angelangt – scheinbar alles zu können scheint. Die als Chatbot entwickelte Anwendung codet auf Anfrage komplexe Programme, generiert Märchen aus dem Nichts und schreibt ganze Fachtexte im Sekundentakt. Die Nutzer:innen sind begeistert. Mittlerweile verzeichnet OpenAI mehr als 100 Millionen angemeldete User von ChatGPT – Grund genug also für Microsoft um weitere Milliarden in die Entwicklung von ChatGPT und anderer KI-Tools aus demselben Haus zu stecken. Die Finanzspritze soll die KI-Forschung noch schneller vorantreiben und dabei die Integration mit Microsofts Cloud-Plattform Azure forcieren. Es ist also damit zu rechnen, dass ChatGPT und andere KI-Werkzeuge in Zukunft noch schneller, besser und zuverlässiger werden.

Aktuell weist das Tool einige grundsätzliche Schwächen auf. KI verhält sich wie ein „belesener Idiot“, der nicht zugeben kann, wenn er etwas nicht weiß. Das heißt: Die KI antwortet immer, egal ob es Blödsinn ist oder nicht. Aus diesem Grund wurden von ChatGPT erstellte Codeerzeugnisse bereits von einigen Programmierforen verbannt. KI-generierte Fachtexte mögen wiederum sprachlich plausibel klingen, doch fundierte und auf Belastbarkeit geprüfte oder gar wissenschaftlich belegte Quellen fehlen. Aktuell spielt hier natürlich auch eine Rolle, dass der Datenpool, auf den ChatGPT zugreift, am Ende des Jahres 2021 aufhört und neuere Daten fehlen. Je neuer das Thema, desto mehr Ungenauigkeiten und Fehler schleichen sich daher ein und kreative Geschichten leiden schließlich arg an repetitiven Klischees. Hier zeigen sich deutlich die Schwächen von KI-Modellen: Sie können nicht kreativ, strategisch und innovativ denken. Wer fachkundige PR-Berater:innen mit einer KI umgehen möchte, droht wohlformulierten Aussagen ohne fachlichem Fundament aufzulaufen. KIs wie ChatGPT sind jedoch sehr gute Werkzeuge, um die PR-Beratung zu unterstützen.

Strategie und Kreativität statt Workbench

2018 waren es gerade mal 10 Prozent der Kommunikationsverantwortlichen, die KI im Berufskontext einsetzten. Aktuell weist die Kurve jedoch steil nach oben, denn die Einsatzbereiche sind vielfältig. Neben Tools für Übersetzungen, Transkripte und Grafiken wird KI in PR-Agenturen aktuell vor allem bei der Recherche genutzt. Anders als Google, kann ChatGPT beispielsweise komplexe und spezifischere Fragen annehmen und umfassend beantworten inklusive Hinweise für weitere Recherche. Statt Listen von Website-Treffern erhalten die Anwender:innen ausformulierte Informationen.

Auch als Unterstützung bei der Texterstellung lässt sich ChatGPT einsetzen – etwa für Standard-Pressemeldungen oder Social-Media-Beiträge. Diese sind zwar nicht perfekt, bieten aber eine gute Basis. Doch die wahre Stärke von KI dürfte sich in Zukunft in den Bereichen Monitoring und Social Metrics zeigen. Als Teil von Monitoring-Softwares analysieren KI-gestützte Tools die tägliche Newsberichterstattung sowie laufende gesellschaftliche Konversationen und gewichten diese dynamisch. So erhalten Berater:innen rasch einen verständlichen Kontext der derzeitigen Lage und können auf Basis dessen für Unternehmen und Personen die passende Strategie entwickeln.

Ob eine KI tatsächlich den vollen Nutzen für ein Unternehmen entwickeln kann, entscheidet die Datengrundlage. Ein KI-Tool ist immerhin nur so gut, wie die Daten, mit denen es gefüttert wird. So analysiert etwa das IMWF fortlaufend die Kommunikation zu 27.000 Marken und Unternehmen sowie zu 4.000 politischen Akteuren. Diese Daten enthalten Millionen von Aussagen pro Tag, die eine KI aufbereitet – die Berater:innen können diese Daten auswerten und nutzen, um passgenaue Kommunikationsstrategien zu entwickeln.

Mit KI das Produktivitätsniveau maximieren

Dies zeigt: Die Grundidee bei der Nutzung von KI ist die Maximierung des Produktivitätsniveaus. Anstatt uns die Verantwortung für unser eigenes Denken abzunehmen, kümmert sie sich um Basisaufgaben und eröffnet die Möglichkeit, sich auf wesentliche Dinge wie kreative Ansätze, passgenaue Aufhänger, spannende Titel und die Beratung zu konzentrieren. Indem KI-gestützte Tools zeitraubende Routineaufgaben übernehmen, befreien sie unsere Stärken und Talente. Sie optimiert unsere eigene Produktivität, anstatt die Arbeit komplett zu übernehmen.

Auch in der schönen neuen Welt sind es die erfahrenen Berater:innen, die schließlich die entscheidende Denkarbeit übernehmen und die strategische Marschrichtung für die Kommunikation vorgeben. Sie kennen die Ziele und die Kunden und entwickeln passgenaue, individuelle Kommunikationsansätze für spezifische Herausforderungen. Keine KI kann diese Fähigkeiten jemals ersetzen – wohl aber unterstützen.

Annika Hartmann

Author Annika Hartmann

Director und Head of Media Relations bei Akima Media. Camping-Addict, Outdoor-Fan und Jungsmama. #nokidsbeforefirstcoffee

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