Daten und künstliche Intelligenz für die Kommunikation zu nutzen, ist keine neue Erfindung – aber insbesondere beim Thema Employer Branding gibt es noch Luft nach oben. Wie weit wir Kommunikatoren hier aktuell wirklich sind, welche Beitrag Analysen beim Aufbau einer Arbeitgebermarke leisten und warum die Beschäftigung mit Zahlen und Fakten durchaus spannend sein kann, darüber hat unser CEO Volker Schmidt mit Andreas Quest, Geschäftsführer des Instituts für Management und Wirtschaftsforschung, im Vorfeld unseres Think Tanks Employer Branding gesprochen.
Akima: Andreas, neben Deiner Tätigkeit als Geschäftsführer beim IMWF hast Du einen Lehrauftrag für Kommunikationscontrolling. Man kann also sagen, dass Du auf Zahlen stehst. Woher kommt diese Passion?
Andreas Quest: Zahlen und Daten haben natürlich ihre Bedeutung. Aber meine Passion liegt eher darin, den Nachwuchs in der Kommunikation von Anfang an dafür zu sensibilisieren, dass Daten und Zahlen ihnen zukünftig wichtige Dienste leisten. Einerseits zur Erfolgskontrolle, aber vor allem auch als Nachweis für die Wertschöpfung der Kommunikation. Denn der Wertschöpfungsbeitrag der Kommunikation auf den Unternehmenswert ist durchaus mess- und damit nachweisbar. Gleichzeitig ist das mit der Passion – um Deinen Begriff noch mal aufzugreifen – so eine Sache. Denn Passion kommt aus dem Griechischen und bedeutet eigentlich Erleiden und Erdulden. Das schmeckt nicht jedem, aber es muss eben getan werden. Und dafür möchte ich junge Talente begeistern – das macht mir sehr viel Freude.
Dann bleiben wir doch beim Thema Freude. War Kommunikationscontrolling schon immer Dein Traumjob?
Als Kind sicher nicht. Dafür ist der Job einfach zu abstrakt. Ich habe mich aber immer schon sehr für Geschichte begeistert…
…okay, dann stelle ich die Frage anders: Wenn Du nicht Geschäftsführer beim IMWF geworden wärst, wo würden wir Dich heute sehen?
Ganz klar, dann würde ich meinem großen Pläsier, der Geschichtswissenschaft nachgehen und im Hörsaal ein historisches Seminar halten.
Geschichte und Controlling verbindet ja die Aspekte Zahlen, Daten und Fakten. Aber jetzt wieder weg von der Geschichtswissenschaft und hin zu Deiner aktuellen Tätigkeit: Was fasziniert Dich besonders an Deinem Job?
Vieles. Aber vor allem die Entwicklung in diesem Bereich. Und hier insbesondere Technologien wie künstliche Intelligenz, die uns plötzlich ganze neue Möglichkeiten bieten, mit explorativen Analysen, die Kommunikation zu unterstützen – beispielsweise indem wir mit Hilfe der Technologie neue Themen entdecken. Klar, jeder hat aus der Insight-Out-Perspektive Themen und Botschaften, die er treiben beziehungsweise zu denen er sich oder das Unternehmen positionieren möchte. Mit unseren Analysen können wir dem Kunden nicht nur zeigen, wie und im Kontext welcher Themen tatsächlich draußen über ihn gesprochen wird. Wir finden darüber hinaus auch neue Themen, die der Kunde möglicherweise nicht auf dem Schirm hatte, die aber für die Kommunikation von Bedeutung sind. Und das macht es so spannend.
Dem kann ich Dir nur beipflichten, klingt richtig interessant. Aber mal ehrlich, verstehen Deine Freunde und Deine Familie, was Du machst? Beziehungsweise was denken sie, was Du den ganzen Tag tust?
Puh, das weiß ich gar nicht – und vermutlich ist das auch besser so. Wenn ich gefragt werde, sage ich immer, dass ich was mit Medienanalyse mache. Wenn man mir danach noch zuhört, erkläre ich, dass es bei meiner Tätigkeit um Erkenntnisgewinne geht. Schließlich gibt es bei Analysen immer so einen Heureka-Moment „Ah, jetzt habe ich was verstanden“ oder ich komme zu einem neuen Ergebnis. Das meine ich mit spannend. Ich hoffe jedenfalls, dass einige meiner Freunde das so verstanden haben. Aber ob dem so ist, weiß ich ehrlich gesagt nicht.
Da teilen wir gewissermaßen das gleiche Schicksal. Aber gibt es vielleicht einen typischen Satz, der Deinen Job auf den Punkt bringt?
Ein Satz, der tatsächlich häufiger fällt, wäre: „Da sind Sie in der Kommunikationsbranche in bester Gesellschaft.“ Denn obwohl Technologie und Tools längst verfügbar sind, nutzen immer noch viel zu wenige Kommunikator:innen das Potenzial von Daten und Analysen. Die gute Nachricht an dieser Stelle lautet: Das Ganze ist kein Hexenwerk. Zahlen und Daten zu interpretieren und zu nutzen, kann man lernen.
Apropos Analysen: Beim anstehenden Think Tank dreht sich ja alles um das Thema Employer Branding. Wenn es also um den Aufbau einer Arbeitgebermarke geht, wie wichtig sind Analyse und wie wichtig ist die eigentliche Kommunikation?
Gute Frage. Die Kommunikation sorgt natürlich für den Aufbau der Arbeitgebermarke. Das macht nicht die Analyse, sondern muss die Kommunikation schon selbst leisten. Die Analyse kann im besten Fall zweierlei: So kann sie zum einen als Korrektiv dienen, da sie eine Outside-In-Perspektive mit reinbringt – und hier insbesondere die Medienanalyse. Zum anderen kann sie auf relevante Themen aufmerksam machen, die der Kommunikation und dem Employer Branding helfen. Also wie bereits angesprochen, können wir so Themen identifizieren, um die Marke im Employer-Branding-Bereich aufzuladen, damit sie entsprechend attraktiv für Talente wird. Insofern sind beide Disziplinen wichtig. Die Analyse primär unterstützend, sie kann aber eben auch zu strategischen Veränderungen in der Kommunikation und beim Employer Branding führen – vorausgesetzt natürlich, dass man auf die Daten hört.
Nun nähern wir uns immer mehr Deinem Vortragsthema – daher bitte ohne jetzt viel vorwegzunehmen: Was für Analysen führt Ihr beim IMWF denn im Kontext Employer Branding durch?
Klassischerweise wird zunächst geschaut, wo der Kunde hinmöchte und wo er aktuell steht. Also ein Soll-Ist-Vergleich. Schließlich hat jeder Kunde ein bestimmtes Ziel, wie er sich positionieren möchte. Und wir machen dazu den Realitäts-Check – also wie wird über das Unternehmen als Arbeitgebermarke in der Welt da draußen gesprochen.
Dabei gilt es immer im Hinterkopf zu behalten, dass die Arbeitgebermarke auch eine Reputationsdimension ist. Das heißt, sie zahlt auf die Gesamtreputation des Unternehmens ein. Insofern ist das eine Art Input-Output-Analyse an dieser Stelle. Und darüber hinaus wird unabhängig von der eigenen Marke auch geschaut, welche Themen für die Zielgruppe aktuell attraktiv beziehungsweise relevant sind. Das heißt, wir kontrollieren, ob das funktioniert, was sich der Kunde als Marke zum Ziel gesetzt hat. Also: Wird das so angenommen? Wird das Unternehmen so wahrgenommen oder eben nicht? Und zum anderen bringen wir wichtige Impulse in Form von relevanten Themen mit ein.
Und dafür nutzt Ihr auch KI?
Ja. Wobei KI im ersten Fall – also der Überprüfung der Wirkung der Kommunikation – nicht die ganz große Rolle spielt. Dafür kommt sie bei der Themenfindung umso mehr zum Tragen. Ich will jetzt nicht zu technisch werden, aber es geht dabei unter anderem um Aspekte wie Topic Modeling. Dabei hilft künstliche Intelligenz, aus einem großen Datensee Ähnlichkeiten und Muster zu erkennen. Wenn wir beispielsweise Ähnlichkeiten in Wortfolgen im Zusammenhang mit Employer Branding identifizieren, können wir daraus Schlussfolgerungen ziehen, ob diese Themen in die Kommunikation der Marke passen oder eben nicht.
Das klingt hochspannend. Du hattest vorhin erwähnt, dass die Nutzung Daten-basierter Kommunikation noch Luft nach oben hat. Wie sind die Unternehmen in Deutschland denn aktuell in Sachen Datenanalyse beim Employer Branding aufgestellt?
Für das Employer Branding werden solche Analysen meines Wissens noch kaum genutzt. Für andere Bereiche in der Kommunikation sind wir da allerdings schon deutlich weiter. Mein Eindruck ist – basierend auch auf der Lektüre einiger Umfragen dazu –dass wir in Deutschland nicht schlecht aufgestellt sind. Vor allem spüre ich auch eine immer größere Offenheit gegenüber dem Thema Data based oder sagen wir lieber Evidence based Reputation Management. Und da ist Employer Branding eben ein Teil davon.
Also sind wir auf einem guten Weg in Deutschland. Gibt es auch ein Best-Practice-Beispiel? Beziehungsweise wen siehst Du hier als Vorreiter?
Als Vorreiter könnte man hier natürlich immer die üblichen Verdächtigen aus dem DAX nennen. Aber die leben ja auch im Luxus, weil sie auf modernste Methoden und Instrumente zurückgreifen können. Daher sind das für mich nicht wirklich Vorreiter. Die sehe ich eher in mittelständischen oder größeren Unternehmen, die es wirklich wagen, auf Zahlen und Daten zu hören. Denn dort brauchen Kommunikator:innen Mut, Zähigkeit und einen langen Atem, um im eigenen Unternehmen neue Technologien und Methoden durchzusetzen. Ohne diese wird das meist nichts. Denn in den seltensten Fällen wird so etwas top-down durchgesetzt. Vielmehr müssen alle mitgenommen werden, die Geschäftsführung wie auch die Mitarbeiter:innen.
Danke für Deine Einschätzung. Letzte Frage. Wir führen das Gespräch ja im Vorfeld unseres Think Tanks, bei dem Du auch als Sprecher auftreten wirst. Worauf dürfen sich die Teilnehmer:innen bei Deinem Vortrag freuen?
Medienanalysen liefern Fakten, Fakten, Fakten. Ich möchte gerne anhand von Beispielen zeigen, welche Erkenntnisse die Analysen für das Employer Branding liefern. Vielmehr möchte ich jetzt aber nicht verraten.